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Die sechs häufigsten Gründe für schlechte Leistung in Call Centern

... und warum Training selten die richtige Antwort darauf ist. (Teil 1/2)

Manchmal ist es einfach unerklärlich... man schaut sich die Zahlen an und sieht einzelne Mitarbeiter 10 Prozentpunkte unter der durchschnittlichen Conversion Rate. Bei anderen Agents ist die AHT viel zu gering, als dass qualitativ gute Gespräche geführt werden können und das bestätigt sich dann auch im Bericht. Blöd, wenn man deswegen das Tagesziel nicht erreicht hat. Auch blöd, wenn man in der Auswertung mit dem Auftraggeber Erklärungsversuche anstellt, die an ihm abprallen, weil der Mitstreiter ja problemlos die Ziele erreicht hat.

Trotz des entstandenen Unmuts sind Trainingsmaßnahmen in solchen Fällen nicht zwingend die richtige Antwort. Hier sind die sechs häufigsten Gründe für schlechte Leistung in Call Centern und ein paar Vorschläge, was getan werden kann:

Die sechs häufigsten Gründe für schlechte Leistung in Call Centern

1. schlechte Laune

Mit Abstand… mit riesigem Abstand ist das der Hauptgrund für schlechte Leistung in Call Centern. Weil es auch überhaupt keine Rolle spielt, woher sie kommt – das ist eh selten rational – gehen wir auf mögliche Gründe gar nicht ein.

Allerdings hat schlechte Laune eine sehr ungünstige Dynamik. Sie verbreitet sich nämlich wirklich gut und schnell. Von einer Person ausgehend können rasch etliche Kollegen in der Reihe angesteckt werden. Auch die Kollegen aus den anderen Reihen sind nicht vor schlechter Laune geschützt. Dass Stimme Stimmung reflektiert, wird sicherlich mittlerweile überall angekommen sein und so bedarf es ebenso wenig Erklärung, warum und wie schlechte Laune negativen Einfluss auf die Qualität in der Telefonie hat.

Was kann man tun?

Am besten erkennt die Führungskraft innerhalb kürzester Zeit, dass ein Agent schlechte Laune hat und im Begriff ist, sie auf sein Team zu übertragen.

Der erste Schritt sollte immer eine Sensibilisierung sein. Machen Sie Ihren Mitarbeitern verständlich, welche Auswirkung ihre Laune nicht nur auf den jeweiligen Kunden am anderen Ende des Telefons haben kann, sondern auf die Kollegen und deren Kunden am anderen Ende des Telefons.

Danach wird schlechte Laune weiterhin auftreten, aber das einfache Erscheinen der Führungskraft zwischen den Reihen in solchen Momenten kann eine Erinnerung an eben jene Sensibilisierung sein. Manchmal genügen Blicke, manchmal gibt man sich gegenseitig zwei Daumen hoch und versichert sich gegenseitiges Verständnis. Manchmal kann man sich als Führungskraft während des laufenden und während des nächsten Kundengesprächs einfach mit zu dem Agent setzen und präsent sein. Das ist nicht nur für den schlecht gelaunten Agent ein Signal, sondern auch für die Kollegen drum herum.

Nicht immer atmen die Mitarbeiter durch und lassen ihre schlechte Laune wieder verfliegen. Dann lassen Sie es als Führungskraft zu, dass sich der Mitarbeiter kurz vom Telefon entfernt. Gehen Sie gemeinsam an die frische Luft. Erinnern Sie den Mitarbeiter an seine Verantwortung seinen Kunden und Kollegen gegenüber. Geben Sie dem Agent kurz Zeit, um sich zu akklimatisieren.

Hilft das alles nichts, übergeben Sie dem Mitarbeiter die Entscheidung, ob er heute tatsächlich weiter an der Line bleiben möchte. Ohne Meinung. Ohne Urteil. Ohne negative Konsequenzen. Geben Sie ihm einfach mit, dass Sie sich auf seinen Arbeitseinsatz am morgigen Tag verlassen und dass es für den Mitarbeiter wichtig wird, Strategien zu entwickeln, wie er künftig mit solchen Situationen umgehen möchte. Das hilft. Übrigens auch als Signal für alle Mitarbeiter im Team.

2. innerer Druck

Fast immer sind bestimmte Zahlen zu erreichen. AHT, Nacharbeitszeit, NPS, Conversion Rate, Sollumsatz, Qualitätsvorgaben... manche Agents wollen auch einfach ihr Provisionsziel erreichen. Manchmal machen sich die Agents Druck, weil sie die von ihnen erwarteten KPI nicht erfüllen und manchmal machen sie sich Druck, weil sie ihrem eigenen Anspruch gerade nicht gerecht werden.

Für die Führungskraft ist es enorm wichtig, jeden einzelnen Mitarbeiter dahingehend zu kennen, welchen Anspruch er selbst an seine Leistung hat. Innerer Druck wird nämlich nicht immer direkt kommuniziert. Zumindest nicht immer in dem Moment, in dem er für die Arbeit hinderlich ist.

Was kann man tun?

Auch hier gilt für die Führungskraft: möglichst schnell erkennen! Eine gute Führungskraft kann anhand der Zahlen und mit einem kurzen Blick durch die Reihen einschätzen, was gerade mit einzelnen Mitarbeitern los ist. Außerdem taucht dieser innere Druck häufig in Zyklen bei vielen Mitarbeitern auf, sodass man als gute Führungskraft schon eine Ahnung haben kann, wenn es den jeweiligen Mitarbeiter möglicherweise gerade betrifft.

Suchen Sie das Gespräch und bitten Sie Ihre Agents, in solchen Momenten immer auch von allein auf Sie zuzukommen. Erkundigen Sie sich immer, warum sich der Agent gerade selbst unter Druck setzt. Der Grund von letztem Monat muss nicht unbedingt dem aktuellen Grund entsprechen. So oder so ist es wertvoll, wenn der Mitarbeiter seiner Sorge zunächst ein wenig Luft schafft.

Ab dann ist es extrem wertvoll, dem Agent seine Zahlen der laufenden Woche und des laufenden Monats zu zeigen. Das erinnert ihn daran, wie gut er in der Regel ist, wie gut er im Durchschnitt ist, wie gut und wie zuverlässig er arbeitet. Daraus lässt sich ableiten, wie wertvoll seine Arbeit für das Team und für das Projekt ist, was man ihm explizit sagen kann. Ein kleines Schmunzeln wird dem Agent über die Lippen gehen. So kann man ihn beruhigen und ihm Sicherheit über seine Stetigkeit geben. Wenn dann mal ein Tag dabei ist, an dem es nicht so gut läuft, hat das überhaupt keinen Einfluss auf die hervorragende Leistung, die der Mitarbeiter so zuverlässig zeigt.

Ergänzend kann man ihm sein wahrscheinliches Monatsergebnis prognostizieren. So schaut man auf die Zahlen des bisherigen Monats, berücksichtigt zwar den aktuellen Tag, aber berechnet das wahrscheinliche Monatsergebnis anhand des Durchschnittswertes bis zum aktuellen Tag. Damit setzt man einen Tag in ein sehr gesundes Verhältnis der durchschnittlichen Monatsleistung und es fällt dem Mitarbeiter leichter, wieder mehr Selbstvertrauen in seine Arbeit zu haben.

Ich lasse Sales-Agents in solchen Fällen mit einer Wette zurück an die Line und sage, dass ich wette, dass unter den nächsten drei Calls bestimmt ein erfolgreicher Take dabei sein wird. Auch das hebt die Stimmung und die Wette ist recht leicht zu gewinnen.

3. Ärger/Verärgerung

Verärgerung sorgt für schlechte Laune und das hatten wir schon. Allerdings sitzt Verärgerung tiefer und ist nicht so einfach weg zu atmen, wie schlechte Laune. Einige Mitarbeiter sind verärgert über Kollegen, Führungskräfte, Geschäftsführung, Unternehmenspolitik, Schichtplanung, Systeme, Produkte, Büroausstattung oder gar über Kunden.

Nicht selten handelt es sich bei den Gründen für Verärgerung um Glaubenssätze und/oder um willkommene Rechtfertigungen für eine gesunkene Leistungsbereitschaft nach dem Motto: „lohnt sich ja eh nicht, weil …“.

An dieser Stelle ist erwähnenswert, dass alle Gründe nicht einzeln auftreten müssen. Sie können durchaus zusammen auftreten. Manchmal hat ein Mitarbeiter erst einfach nur schlechte Laune. Dann reagiert die Führungskraft aber mit einer unbedachten Aussage über zu erreichende KPI und löst zusätzlich Druck aus. Fühlt der Mitarbeiter sich überfordert, äußert sich das ggf. in Verärgerung, die leicht zu Resignation führen kann -> „Hier geht es eh nur um Zahlen.“

Was kann man tun?

Trauen Sie sich, über alles zu sprechen. Manchmal sind Meinungen festgefahren und es liegt in der Natur von Verärgerung, dass es emotional wird. Aber reden Sie mit Ihren Agents.

Folgende Unterscheidung möglicher Gründe für Verärgerung kann sich lohnen: Die Gründe sind berechtigt, nachvollziehbar und nicht einfach zu beheben oder die Gründe treten temporär auf und sind nach einer gewissen Zeit wieder vergessen.

Häufig lösen Veränderungen temporäre Verärgerung aus. Wenn das Team plötzlich auch an Sonn- und Feiertagen arbeiten soll, wenn eine weitere Schicht besetzt werden soll oder wenn die Räumlichkeiten geändert werden müssen, werden solche Veränderungen selten einfach hingenommen und akzeptiert. Die Führungskraft sollte präsent sein. Auch in den Pausen und beim Rauchen. Viele Meinungen entstehen in der Dynamik geäußerter Verärgerung und je sensationeller ein Thema wird, umso schwieriger wird es, die Situation mit rationalen Erklärungen zu schlichten. Warum Veränderung wertvoll und wichtig ist, kann und sollte die Führungskraft immer und immer wieder erklären. Ob es der Projekterfolg ist, das Alleinstellungsmerkmal gegenüber Mitstreitern, die Festigung der Geschäftsbeziehung zum Auftraggeber oder die Wachstumsmöglichkeit und damit einhergehend die Sicherheit für das Projekt. Solche Erläuterungen helfen, damit Agents auch unternehmerische Möglichkeiten erkennen und verstehen können.

Einige Ihrer Agents erkennen jedoch auch Dinge, die im Unternehmen tatsächlich besser laufen könnten. Seien es Kommunikationswege, Prozesse oder wenig vorbildliches Verhalten der Führungsriege. Wenn Mitarbeiter immer wieder vor vollendete Tatsachen gestellt werden, wenn regelmäßig kurz vor knapp kommuniziert wird, dass über die kommenden Tage eine Kampagne gestartet wird, wenn Kunden sich häufig aus ähnlichen und vermeidbaren Gründen melden oder wenn Führungskräfte nicht vorleben, was sie von den Agents verlangen, kann das frustrierend sein. In solchen Fällen sind besondere Kenntnisse und Fähigkeiten der Führungskraft erforderlich. Es ist zu unterscheiden, ob benannte Gründe für Verärgerung behoben oder hingenommen werden können. So kann man dem Teamleiterkollegen den Hinweis geben, dass den Agents aufgefallen ist, dass er die Spätschicht häufig als erster verlässt und dass das im Team nicht gut ankommt. Dem Chef kann man jedoch nicht so einfach erklären, dass es im Team ungünstig auffällt, dass er täglich frühestens 10:30 Uhr erscheint, das Büro spätestens 15:00 Uhr verlässt und in der Zwischenzeit seine ans Office gelieferten Golfschläger begutachtet. Solche Tatsachen wirken nachvollziehbar negativ auf das Team, allerdings ist es erste Aufgabe einer Führungskraft, positiv gegenzusteuern. So kann man nicht wissen, was der Chef alles in seinem Home-Office macht oder zu welchen Zeiten und an welchen Orten er tatsächlich am effektivsten für das Unternehmen arbeitet. Die zweite Aufgabe ist es, berechtigte Gründe für Verärgerung zu beseitigen. Das ist fast immer kollektiver Aufwand und bedarf diplomatischer, bedachter und konsequenter Herangehensweise mit Kollegen und Vorgesetzten.



Diese drei Gründe sorgen am häufigsten für schlechte Leistung in Call Centern. Aus unserer Sicht sind sie nicht mit Training zu beheben. Sie können nur durch gute Führung adressiert und angegangen werden. Es bedarf einer gesunden und fairen Unternehmenskultur – oder wenigstens Team-Kultur –, dass sie erkannt und beseitigt werden können. Keinesfalls sollten die Gründe ignoriert und Agents einfach auf Basis ihrer schlechten Ergebnisse in zwangsverordnete PE-Maßnahmen geschickt werden.

Sind Sie an mehr Details interessiert? Treten Sie gern in Kontakt mit uns.

Wenn Sie erfahren möchten, wie man eine gesunde und faire Unternehmenskultur etabliert, erkundigen Sie sich gern nach unserem Personalentwicklungsmodell und Führungs-Tool STAGES, mit dem wir sehr effektiv zum Aufbau einer solchen Kultur beitragen können.

Drei weitere Gründe für schlechte Leistung in Call Centern nennen wir im zweiten Teil dieses Blogs, der bald veröffentlicht wird.